Wiedersehen in Triesdorf

Dass Zusammenkünfte in Zeiten von Corona gar nicht oder nur sehr eingeschränkt stattfinden können, ist mittlerweile ein bekannte Realität. Nach einer zweijährigen Pause konnten sich jetzt Ende September die Chefklassifizierer der EVF (Europäische Vereinigung der Fleckviehzüchter), unter Einhaltung strenger Coronaregeln,  in Triesdorf/Bayern wieder treffen und fachlich austauschen.

Als Versammlungsort wurden die Landwirtschaftlichen Lehranstalten in Triesdorf ausgewählt. Durch die dortige Milchviehherde und die vorhandene Infrastruktur bietet der Standort ideale Voraussetzungen für einen Rinderworkshop. Ziel war es dabei, notwendige Anpassungen bei der Fleckviehbewertung zu diskutieren und auch bei linearen Beschreibungen eine möglichst konforme Abstimmung vorzunehmen.

Zusammenhang Exterieurmerkmale und Nutzungsdauer

Bereits vor 10 Jahren wurde das System FleckScore international eingeführt. Die Exterieurmerkmale sind dabei in ihrer Beziehung zur Nutzungsdauer in einem Berechnungsindex hinterlegt. Es besteht die Frage, ob die Zusammenhänge nach dieser Zeit unverändert bestehen oder ob sich neue Ableitungen ergeben. Dr. Dieter Krogmeier hat hierzu eine völlig neue Evaluierung des Systems gerechnet. Dazu dienten die Bewertungsergebnisse von über 200.000 linear beschriebenen Kühe der Geburtsjahrgänge 2006 bis 2010. Er konnte zunächst aufzeigen, dass dank FleckScore in allen Merkmalen eine erwünschte Entwicklung hinsichtlich längerer Lebensdauer erfolgt ist.

Beispiel Euternote

Beispielhaft dafür sei nur der Zusammenhang der Euternote zur Nutzungsdauer erwähnt. Zwischen den Euternoten 70 und 90 liegen im Mittel 550 produktive Tage im Stall. Wenn sich auch bei den meisten Einzelmerkmalen unveränderte Gewichtungen für die Hauptnoten ergeben, erscheinen bei der einen oder anderen Notenskala doch Feinjustierungen notwendig. Die Gruppe beschloss, bei welchen Teilbereichen eine Neuberechnung vorgenommen werden soll. Vor einer endgültigen Entscheidung sollen Modellanalysen dazu im nächsten Jahr zu Entscheidungen führen.

In den vergangenen sechs Monaten haben die Nachzuchtbewerter aus Bayern und Baden Württemberg die hintere Strichlänge als Versuchsmerkmal erfasst. Dabei hat sich gezeigt, dass die hinteren Striche im Mittel 0,5 cm kürzer sind. Allerdings waren nur 1,7 % aller Striche nicht im funktionalen Bereich. Um einer unerwünschten Entwicklung vorzubeugen, wird der Mangel „hintere Striche kurz“ bei FleckScore neu aufgenommen. Bei Vorhandensein kommt es zukünftig zu Abzügen in der Euternote. Unabhängig davon weisen die bereits bestehenden Mängel eine erfreuliche Entwicklung auf und zeigen in allen Ländern eine meist geringere Häufigkeit als noch vor einigen Jahren. Mängel mit sehr geringer Bedeutung werden zukünftig aus dem System entfernt.

Information über Single-Step

In einem weiteren Vortrag gab Dr. Reiner Emmerling Informationen zum System Single-Step. Er zeigte die Zusammenhänge zwischen einem an die D/A-Population anknüpfenden Pedigree und der Aussagefähigkeit genomischer Zuchtwerte auf. Für die entsprechende Vergleichbarkeit von genotypisierten Tieren ist es wichtig, dass zu den dahinter stehenden Tieren eine Information zur Lernstichprobe besteht. Deshalb wäre es optimal, wenn auch die Länder mit einer kleineren Fleckviehpopulation der gemeinsamen Zuchtwertschätzung Deutschland/Österreich/Tschechien (DAC) beitreten. Andernfalls wird der Abstand zu den immer genauer werdenden Zuchtwerten aus Single-Step und den nicht beteiligten Ländern größer.

Länderanalyse

Ein weiterer Punkt war die Länderanalyse, welche von Dr. Krogmeier vorgestellt wurde. Daraus können erforderliche Anpassungen in den Ländern vorgenommen werden, um möglichst einheitliche Rohdaten zu liefern. Auswertungen aus am DAC- System beteiligten Ländern und den sich daraus ergebenden Diskussionen zeigten auf, dass die Herausforderungen der Fleckviehzüchter in den verschiedenen Regionen gleich sind. Größer werdende Herden fordern vor allem funktionale und problemlose Kühe. Hierzu soll auch der neue Zuchtwert Melkverhalten beitragen. Dr. Krogmeier zeigte die Datengrundlage auf und gab Hinweise zur Interpretation.

Natürlich darf bei einem Workshop der Chefklassifizierer auch der praktische Teil nicht fehlen. Fünf Kühe im Triesdorfer Stall mussten von jedem Land linear beschrieben werden. Hubert Anzenberger übernahm die Auswertungen und auffällige Abweichungen von der richtigen Note wurden am Tier besprochen.

Abschließend wiesen Reinhard Pfleger und Bernhard Luntz auf die im kommenden Jahr stattfindenden Bundesschauen hin. Darüber hinaus findet in Österreich der Weltkongress statt, mit einer Neuauflage des FleckScore-Weltcups. Im Rahmen der Veranstaltung wurden von den Teilnehmern auch die langjährigen Geschäftsführer Dr. Georg Röhrmoser und Johann Tanzler verabschiedet. Sie haben die Gruppe mehr als 20 Jahre begleitet und jederzeit mit ihrem Fachwissen unterstützt. In der Hoffnung, dass die Infektionslage ein Treffen im nächsten Jahr zulässt, freuen sich alle auf ein Wiedersehen in Slowenien.

Bernd Luntz, LfL Tierzucht Grub

Die Chefklassifizier der EVF beim heurigen Treffen in Triesdorf